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Psychological safety während der Coronakrise?

Haben Sie vielleicht auch schon einmal mit einem Team oder einem Chef zu tun gehabt, bei dem Sie das Gefühl hatten, dass jeder Fehltritt bestraft wird? Jeder schleicht im Team auf Samtpfoten umher, um ja keinen Fehler zu machen, und vielleicht konnten Sie auch erleben, wie in einem solchen Fall, jegliche Dynamik im Team fehlt? Das nennt man eine „Angstkultur“. Jedes Problem wird heruntergespielt und man schildert dem Chef alles im schönsten Licht. Was dann am Ende dazu führt, dass sich jeder allein mit seinen Problemen herumschlägt – obwohl andere helfen könnten. Kurz: Man befindet sich in einem Umfeld, in dem man sich nicht traut, die eigene Meinung zu sagen.

Mit Psychological Safety („psychologische Sicherheit“) ist genau das Gefühl beschrieben, das in diesem Fall fehlt: Das Gefühl, offen seine Meinung sagen zu können und das Vertrauen, dass diese vom Umfeld konstruktiv behandelt wird.

Wie hat die Coronakrise unsere Psychological Safety am Arbeitsplatz beeinflusst?

Laut Amy Edmonson, einer Forscherin der Harvard Business School im Bereich Psychological Safety in Teams, ist in der Coronakrise unsere Psychological Safety überraschenderweise stärker anstatt schwächer geworden. Sie weist nach, dass das Einsamkeitsgefühl, das sonst bei mangelnder Psychological Safety auftritt, durch die geteilte Angst in der Pandemie ersetzt wird. Wir alle sind in der Krise offener, unsere Gefühle und Gedanken mit anderen zu teilen. Diese kollektive Sorge bringt uns außerdem dazu, anderen aufmerksamer zuzuhören und konstruktiver zusammenzuarbeiten. Sie beschreibt dieses Phänomen als Besonderheit, da wir durch Corona alle dieselbe sehr reale Angst erleben, die von außen kommt und sie keinen klaren Schuldigen hat. Dies galt insbesondere für die Anfangszeit der Krise, in der sich alle in einer neuen Situation befanden.

Richard Boyatzis, Professor im Bereich Organisationsverhalten an der Case Western Reserve University, zeigt indes auf, dass die unsichere Situation auch zu einem negativen emotionalen Anreiz wird. Vergleichbar mit dem Zustand, der durch Angst, Scham- oder Schuldgefühle ausgelöst wird, wenn uns beispielweise ein heftiges Kritikgespräch bevorsteht. Wir schalten dann automatisch in den Verteidigungsmodus und dadurch sind unsere Gedanken negativ überschattet, was zur Desorientierung führen und unsere kognitive Wahrnehmung beeinflussen kann. Boyatzis zeigt, dass es weniger der Virus ist, der uns dabei negativ beeinflusst, als das Wegfallen alltäglicher Interaktionen oder eine unsichere finanzielle Zukunft. Gegen dieses Phänomen hilft es, alte Routinen aufrecht zu erhalten, beziehungsweise die Rückkehr zur „Normalität“ durch beispielsweise eine teilweise Rückkehr ins Büro.

Kann ich als Führungskraft Psychological Safety auch virtuell vermitteln?

Ein Aspekt, der Psychological Safety jedoch erschwert, ist die virtuelle Kommunikation. Über Video oder am Telefon zögern Menschen viel eher, in einem Gespräch einen kritischen Einwurf zu machen, da man sich gegenseitig nicht unvermittelt wahrnimmt und es viel leichter falsch aufgefasst werden kann.

Besonders nahbare Führungskräfte, die sonst ab und zu durch das Büro oder die Produktionshalle laufen und bei jedem kurz vorbeischauen, um eventuelle offene Themen zu klären oder einfach nur nach der Stimmung zu fragen, müssen dies jetzt durch andere Medien tun.

Jedes virtuelle Meeting positiv beginnen

Ein Weg, um an dieselben Informationen zu gelangen, die normalerweise spontan in einem persönlichen Gespräch entstehen würden, ist es, wenn Führungskräfte nun gezielte Fragen zum persönlichen Befinden stellen. Am Anfang eines virtuellen Meetings, wenn die Kollegen Neuigkeiten austauschen, sollte man darauf achten, dass Positives im Vordergrund steht, zum Beispiel durch das Aussprechen von Lob für kleine Erfolge oder die Freude über ein neues Projekt für das Team.

Die eigenen Emotionen für ein positives Mindset

Führungskräfte sollten insbesondere auch auf ihr eigenes Stresslevel achten, damit der positive Einstieg glaubhaft gelingt. Es ist generell besser, Mitarbeiter mit positiver Energie anzustecken, wenn man kreativer, produktiver und engagierter zusammenarbeiten möchte.

Eine gesteigerte Selbstwahrnehmung und Momente der persönlichen Entschleunigung helfen Ihnen, eigene negative Gefühle zu verringern und mit neuen positiven Gedanken an die Arbeit zu gehen. Dazu können Achtsamkeitsübungen oder Sport das gutes Mittel sein, doch auch andere Aktivitäten, die Sie mit neuer Energie aufladen, wie das Treffen mit Freunden oder Zeit mit den Liebsten, sollten einen Platz in Ihrem Kalender haben.

Wie können Führungskräfte konkret Psychological Safety in ihrem Team fördern?

Das Erarbeiten eines gemeinsamen Selbst-Verständnisses, anstatt sich nur auf die nackten Ziele zu fokussieren, lädt das Team dazu ein, sich kreativ mit den Aufgaben auseinander zu setzen. Die Beschäftigung mit dem Selbstverständnis als Team ist der Moment, den die Führungskraft nutzen kann, um Werte zu vermitteln und in dem sie auf besondere Weise erfährt, was dem Team bei seiner Arbeit wirklich wichtig ist. In diesem Rahmen kann die Führungskraft ebenfalls vermitteln, dass Unsicherheiten normal sind und vermutlich nicht alles 1:1 so laufen wird, wie es geplant ist – und, dass das okay ist!

Das ist nachweislich das effektivste Führungsmittel, um Engagement im Team zu fördern und Psychological Safety zu stärken.


Quellen:

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Die Autorin

Katja Sies

ist eine International Business Absolventin und ist seit Oktober 2019 Teil des commma Teams. Als Werkstudentin im Online-Marketing entdeckte sie ihre Leidenschaft für das Schreiben von Blogposts. Psychologische Themen fand sie schon immer interessant und hat sich durch ihre Praktika und ihre Auslandserfahrungen darin bestätigt gefühlt.

Durch den Kontakt zum facettenreichen Alltagsgeschäft der Berater bei commma sammelt sie sowohl ihre Inspiration als auch den gewissen „commma Touch“ für ihre Blogposts.