Ist der Bewerber der Richtige für die Stelle?

Beurteilungsfehler in der Personalauswahl und wie man sie vermeiden kann

Die Auswahl der passenden Mitarbeiter*innen ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg eines Unternehmens. Deshalb ist es wichtig, dass die Bewerber*innen sorgfältig und fair beurteilt werden, um sicherzustellen, dass letztlich die beste Person für die vakante Stelle und das Unternehmen ausgewählt wird. Leider können bei der Beurteilung von Bewerber*innen aufgrund menschlicher Fehler oder Tendenzen bestimmte Verzerrungen auftreten, die die Genauigkeit und Fairness der Bewertung beeinträchtigen können.
Falsche Beurteilungen in der Personalauswahl können für ein Unternehmen schädlich sein, weil sie zu einer Fehlbesetzung führen können. Einbrüche in der Leistung und Effizienz, finanzielle Verluste und dauerhafte Image-Schäden für das Unternehmen sind nur einige der möglichen Folgen.
Es ist deshalb wichtig, dass die Beurteilung von Bewerber*innen in der Personalauswahl fair und objektiv erfolgt, um sicherzustellen, dass am Ende wirklich das beste Talent eingestellt wird.

Quellen von Beurteilungsfehler bei der Leistungsbeurteilung

Der Halo-Effekt

Eine Quelle von Verzerrungen kann der sogenannte „Halo-Effekt“ sein. Dieser Effekt beschreibt die Tendenz von Beurteilenden, die Eigenschaften einer Person, die ihnen positiv auffallen, auf andere Eigenschaften zu übertragen. Zum Beispiel könnte ein/e Beurteiler*in von einer Person beeindruckt sein, die sehr freundlich und höflich ist, und diese Person daher auch in anderen Kompetenzen, wie zum Beispiel ihren fachlichen Fähigkeiten, positiv bewerten. Dieser Effekt kann dazu führen, dass Bewerber*innen, die auf den ersten Blick beeindruckend erscheinen, besser beurteilt werden, obwohl sie qualitativ möglicherweise nicht die besten Voraussetzungen für die Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle mitbringen.

Die Vorurteilsverzerrung

Recruiter*innen neigen dazu, ihre Bewertung durch ihre Vorurteile und persönliche Meinung zu verfälschen, was als „Vorurteilsverzerrung“ bezeichnet wird.
Zum Beispiel wird ein/e Interviewer*in, der/die eine bestimmte Person (aus irgendeinem Grund) unsympathisch findet, diese schlechter bewerten – auch wenn ihre Leistungen gut sind. Diese Verzerrung wirkt auch umgekehrt, indem ein Kandidat z.B. das gleiche Hobby hat oder aus der gleichen Region stammt wie die beurteilende Person und somit als sympathischer wahrgenommen wird. Dieser Fehler kann dazu führen, dass Leistungen der Bewerber*innen nicht angemessen gewürdigt werden.

Die Affektive Verzerrung

Bei der „Affektive Verzerrung“ handelt es sich um die Tendenz von Beurteilenden, die Gefühle und Emotionen einer Person bei der Bewertung ihres Potentials und ihrer Fähigkeiten zu berücksichtigen, auch wenn diese für die eigentliche Stelle und deren Anforderungen nicht relevant sind.
Zum Beispiel kann die Beurteilung einer Person, die während des Bewertungsprozesses überdurchschnittlich nervös wirkt, negativer ausfallen als die einer Person, die selbstsicher und extravertiert auftritt. Dies kann dazu führen, dass Bewerber*innen aufgrund von Nervosität oder anderen emotionalen Äußerungen schlecht bewertet werden, obwohl sie objektiv betrachtet, möglicherweise die besseren Qualifikationen für die Stellenanforderungen mitbringen.

Der Primacy- & Recency-Effekt

Der „Primacy-Effekt“ bezieht sich auf die Tendenz, die ersten wahrgenommenen Merkmale und Eindrücke von anderen Menschen besonders stark zu gewichten und sich an diese besonders gut zu erinnern.

Der „Recency-Effekt“ hingegen beschreibt das Phänomen, dass die letzten Eindrücke eines Talents einen größeren Einfluss auf unsere Entscheidungen als Beurteiler*in haben. Diese beiden Effekte können auch auf die Beurteilung des/der ersten und letzten Bewerber*in in einer Reihe von Vorstellungsgesprächen angewendet werden.

Der Kontrasteffekt

Der „Kontrasteffekt“ beschreibt die Verzerrung, dass das Verhalten eines/einer Bewerber*in häufig nicht zum Anforderungsprofil in Beziehung gesetzt wird, sondern im Vergleich zu vorherigen Bewerber*innen beurteilt wird. So kann nach einem schlechten Kandidaten ein/e eigentlich mittelmäßige/r Bewerber*in gut wirken, obwohl auch er das ursprüngliche Anforderungsprofil nicht erfüllt. Auf der anderen Seite kann ein/e eigentlich gute/r Bewerber*in schlechter abschneiden, wenn er nach einem/r hervorragenden Bewerber*in beurteilt wird.

Der Pygmalion-Effekt

Der „Pygmalion-Effekt“ handelt von der Tendenz, dass die Erwartungen anderer Menschen an uns einen großen Einfluss auf unser Verhalten und unsere Leistungen haben können. Im Kontext der Personalauswahl bedeutet dies, dass wenn eine andere Person, die in den Bewerbungsprozess involviert ist und eine positive Erwartungshaltung an das Abschneiden eines/einer Bewerbers*in kommuniziert, die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass diese Erwartungen auch als erfüllt wahrgenommen werden.

Wie kann man Verzerrungsfehler & Urteilstendenzen zu reduzieren?

Es ist wichtig, dass die Interviewer*innen in der Lage sind, fair, objektiv und angemessen die Leistungen der Bewerber*innen zu beurteilen. Dies kann durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden, wie zum Beispiel durch Weiterbildungen oder Coaching, die bei den Interviewer*innen ein Bewusstsein für die Herausforderungen und Fehlerquellen bei der Leistungsbeurteilung in der Personalauswahl schaffen können. Diese reduzieren Urteilstendenzen und helfen dabei zu lernen, die eigenen Tendenzen und Vorurteile bei der Beurteilung von Bewerber*innen zu vermeiden.

Dabei helfen ein paar einfache Prinzipien: das Mehraugen-Prinzip oder das Prinzip der Verschriftlichung.

Mehraugen bedeutet, d.h. dass nicht nur eine beurteilende Person im Gespräch zugegen ist, sondern immer zwei oder drei Personen und damit auch mehrere Perspektiven und Wahrnehmungen.

Im Bewerbungsgespräch sollte sich jeder Notizen machen. Ein standardisierter Bogen kann zudem hilfreich sein, aber der wichtigste Aspekt ist die Trennung von Beobachtung und Bewertung durch das Schreiben. Wir notieren fast automatisch das Offensichtliche, d.h. die gesagten Worte und das gezeigte Verhalten. Das Schreiben hilft, die eigene Bewertung vom Beobachteten abzukoppeln. Hinterher kann somit besser geprüft werden, ob der (zumeist) emotional gefärbte Eindruck der Beurteiler*innen mit den Aufschrieben (d.h. mit dem tatsächlich Gesagten) übereinstimmt.

Zudem kann ein Coaching die beurteilenden Personen darin unterstützen, standardisierte Bewertungskriterien und -verfahren zu verwenden, die eine objektive und transparente Bewertung ermöglichen. Auch die Einbeziehung von Feedback und Rückmeldungen von den beurteilten Personen kann durch einen Coach unterstützt werden, um sicherzustellen, dass die Bewertungen für alle Bewerber*innen angemessen und fair sind.

Der Leistungskatalog von commma

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Der Autor

Daniel Krieger Portrait

Daniel Krieger

Daniel Krieger unterstützt das commma-Team als Berater in allen Themen der Personalbeurteilung und Personalauswahl. Er fördert praxisnah und zielorientiert die individuellen Stärken seiner Kunden. Seine natürliche Neugier und sein analytisches Denken helfen ihm dabei, die richtigen Fragen zu stellen, die dem Gegenüber erstaunliche Einsichten ermöglichen.