Selbstreflexion Führung Coaching commma

Selbstreflexion – Eine wichtige Kernkompetenz von Führungskräften

In den vergangenen Jahren haben wir Führungskräfte vorbereitet, begleitet und eine ganzheitliche Weiterentwicklung angeregt sowie unterstützt. Grundlage hierfür bildet häufig die Potenzialanalyse. Die psychologisch-fundierte Methode zur Beurteilung und Einschätzung von Entwicklungspotenzial bietet die Möglichkeit, ungenutzte Ressourcen von Mitarbeitern und Führungskräften zu entdecken und so gezielt Ansätze für die individuelle Weiterentwicklung zu definieren.

Nach mehr als 650 Potenzialanalysen wissen wir, dass – neben zwei weiteren Kompetenzen – insbesondere die Selbstreflexion eine wichtige Fähigkeit von Führungskräften ist, die meist nicht ausreichend ausgeprägt ist.

Sobald ein Mitarbeiter eine Führungsrolle übernimmt, erlebt er Distanz zur bisherigen Ebene der Sachbearbeitung, was viele zuerst überrascht. Das liegt zwar am System von Führung und Geführt-Sein, aber es löst in der Führungskraft Reaktionen (Emotionen) aus. Wer nicht gelernt hat, sich selbst zu reflektieren und die eigenen Reaktionen einzuordnen, läuft Gefahr, ein Spielball seiner (meist unbewussten) Empfindungen und Handlungen zu werden.

Im folgenden Beitrag möchten wir daher einen Überblick über diese wichtige Kernkompetenz geben und neben den Vorteilen einer selbstreflektierten Person auch aufzeigen, wie Selbstreflexion trainiert werden kann.

Welche zwei weitere Kernkompetenzen wir in unserer Arbeit herausfinden konnten, erfahren Sie in den nächsten Wochen. Abonnieren Sie uns auf LinkedIn, damit Sie keinen Beitrag verpassen.

Was bedeutet Selbstreflexion?

Selbst-Reflexion umfasst das Nachdenken über die eigene Person und beinhaltet ein kritisches Hinterfragen des Denkens, Fühlens und damit einhergehenden Handelns in verschiedenen Situationen. Oberstes Ziel dieser Analyse ist es, mehr über sich selbst zu erfahren.

Für den Begriff „Reflexion“ wird sinnbildlich häufig ein Spiegel verwendet, da die Spiegelung – wie auch in der Physik – ein Zurückwerfen bedeutet. Es heißt also einen Blick in die Vergangenheit zu werfen, weil man sich bewusst mit dem Erlebten der eigenen Vergangenheit auseinandersetzt.

Warum ist Selbstreflexion für Führungskräfte so wichtig?

Selbstbestimmter werden

Selbstreflexion kann dabei helfen, Dinge bewusst wahrzunehmen und zu verarbeiten. Stellen Sie sich vor, Sie erleben im Meeting mit dem Kunden, dass dessen Chefeinkäufer laut hörbar die Nase hochzieht. Obwohl Sie gar nicht in seine Richtung blicken, erschaudern Sie allein schon beim Geräusch, das Sie abscheulich finden. Im weiteren Verlauf, nervt Sie das Geräusch noch ein paar Mal und die Beiträge des Chefeinkäufers können Sie bald nicht mehr ernst nehmen. Sie reagieren etwas unwirsch und sind froh, als das Meeting vorüber ist. Das vielversprechende Kundenprojekt steht danach auf wackeligen Beinen.

Was war passiert?

Das Verhalten eines anderen (hier: lautes Nasehochziehen) wird vom Betroffenen als „abscheulich“ bewertet und damit abgewertet. Und es beeinträchtigt den weiteren Kontakt (hier: zwischen dem Protagonisten und dem Chefeinkäufer), manchmal sogar mit weitereichenden Folgen (hier: das Kundenprojekt kommt evtl. nicht zustande).

Wie konnte das passieren? Vermutlich hat der Betroffene „Nasehochziehen“ als NoGo in der eigenen Erziehung vermittelt bekommen und vielleicht sogar selbst in besonderem Maße eine Abwertung erfahren, als er (im Kindesalter) die Nase hochgezogen hat und Vater oder Mutter stark negativ darauf reagiert haben. Dies hat ihn geprägt – bis heute.

Selbstreflexion ermöglicht, sich selbst näher kennen und insbesondere verstehen zu lernen. Erst wenn ein Bewusstsein für das eigene Wesen und die prägenden Erlebnisse in der eigenen Geschichte vorhanden ist, kann daran gearbeitet werden, sich von den „automatisierten“ Reaktionen (hier: der Abwertung des Chefeinkäufers) zu lösen. Es mag nicht die feine Art sein, in einem Meeting die Nase laut hochzuziehen, aber wenn man deswegen (!) ein Kundenprojekt nicht gewinnen kann, ist der Schaden größer, als er sein müsste. Finden Sie nicht auch?

Letztlich kann durch Selbstreflexion auch aus vergangenem Verhalten gelernt werden, es können Erkenntnisse abgeleitet und konkrete Ziele für zukünftiges Verhalten angestrebt werden. Wenn eigenes Erleben und Verhalten aufmerksamer und differenzierter wahrgenommen wird, führt das unweigerlich zu mehr Selbst-Bewusstsein und einem selbstsicheren Auftreten.

Die heutigen Aufgaben von und Anforderungen an Führungskräfte sind vielfältig und gestalten sich aufgrund der hohen Veränderungsgeschwindigkeit innerhalb und außerhalb von Unternehmen sehr dynamisch. Die bewusste Auseinandersetzung und Reflexion der eigenen Person ist daher eine notwendige Kompetenz von Führungskräften, um ein Team führen und Neues anregen zu können.

Anderen gerecht werden

Das Arbeitsklima im Team hängt in erster Linie nicht vom Team, sondern von der Führungskraft des Teams ab. Erst wenn die Leitungsperson dazu fähig ist, sich selbst gut zu beobachten, zu analysieren und ihre Reaktionen zu steuern, kann sie dies auch auf andere Personen übertragen. Eine selbstreflektierte Person ist dann in der Lage, Mitarbeiter und deren Ressourcen richtig einzusetzen und das Team in eine gemeinsame Richtung zu lenken.

Führungskräfte haben auch die Aufgabe, Mitarbeitern Empathie entgegen zu bringen und ihnen ein Vorbild zu sein. Wenn die Wirkung der eigenen Person bekannt ist, kann auch das Agieren bzw. Reagieren einer anderen Person verstanden werden. Außerdem wird ein offener Umgang mit eigenen Stärken und Schwächen Auswirkungen auf die Mitarbeiter haben und neue Perspektiven eröffnen.

Selbstreflexion ist damit eine Kompetenz, die jeden Menschen beruflich sowie privat weiterbringt und damit den nächsten Schritt in der eigenen Entwicklung ermöglicht. Damit ist selbstredend nicht nur die Reflexion freudiger Ereignisse gemeint. Jeder Mensch muss im Laufe seines Lebens auch unschöne Erlebnisse verkraften und begegnet schwierigen Situationen. Entwicklung ergibt sich besonders, wenn man sich seinen Schmerzpunkten stellt und mit diesen umgehen lernt. Im Rahmen der „Stufen der Ich-Entwicklung“ ist Selbstreflexion eine Grundvoraussetzung, um von der eigenbestimmten Stufe (Level 6 „starker Macher“) zur relativierenden Stufe (Level 7 „Befähiger“) zu gelangen, die durch eine offene Haltung gegenüber Werten, Themen und Perspektiven anderer geprägt ist.

Selbstreflexion kann trainiert werden!

Um nach und nach selbstreflektierter zu werden und Selbstreflexion in den Alltag einzubauen, können verschiedene Methoden hilfreich sein. Wichtig ist, dass man sich Selbstreflexion nicht als einen Prozess vorstellt, der von heute auf morgen erlernt werden kann. Selbstreflexion bedeutet Geduld und kontinuierliche Arbeit.

Unabhängig von der Methode kann es dann von Vorteil sein, Rituale zu entwickeln, um Selbstreflexion als einen festen Bestandteil im Alltag zu integrieren. Denn Rituale helfen dabei, uns zu fokussieren, uns wohlzufühlen und uns selbst zu strukturieren. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Selbstreflexion ist die Fragestellung. Denn nur mit der Beantwortung wichtiger Fragen, können sinnvolle Ergebnisse in der Selbstreflexion erreicht werden. Folgende Fragen können beispielsweise zum Nachdenken anregen:

  • Bin ich aktuell zufrieden mit meiner Gesamtsituation? Bin ich unzufrieden? Wieso?
  • Warum handle ich so wie ich handle?
  • Welche Emotionen trage ich in mir? In welchen Situationen?
  • Welche Motive treiben mich an?
  • Was kann ich besonders gut?
  • Wann habe ich Erfolge erlebt? Wie gehe ich mit ihnen um?
  • Wo liegen meine Schwächen?
  • Was bereitet mir Freude und was macht mir Angst?
  • Worauf lege ich Wert im Leben?
  • Welche Ziele sind mir wichtig?
  • Wann habe ich Niederlagen erlebt und wieso? Wie gehe ich mit ihnen um?
  • Welche Menschen und welche Erlebnisse haben mich geprägt?
  • Was fehlt mir in meinem Leben?
  • Wofür bin ich dankbar?
  • Gibt es Situationen, in denen ich mir selbst im Weg stehe?

Im Rahmen der folgenden drei Methoden können diese Fragen beispielsweise beantwortet werden.

Meditation und Achtsamkeit

Mithilfe von Meditation und Achtsamkeitsübungen können mentale Stärke und innere Ruhe gewonnen werden. Beispielsweise während Spaziergängen, zuhause auf der Couch oder zu einem ruhigen Zeitpunkt am Schreibtisch, können bewusste Meditationsübungen gemacht werden, um Erlebtes und das eigene Verhalten zu reflektieren. Verschiedene Apps, wie beispielsweise 7Mind oder Headspace können dabei unterstützen, zur Ruhe zu kommen, Dinge Revue passieren zu lassen und das eigene Selbst angeleitet zu reflektieren. Auch das Führen eines Tagesbuchs kann eine Hilfe sein, um regelmäßig Situationen zu reflektieren und sich bewusst über einen längeren Zeitraum selbst zu beobachten.

Feedback einholen

Eine weitere wichtige Methode zum Üben von Selbstreflexion besteht darin, sich gezielt Feedback aus dem Umfeld einzuholen. Bei der Auswahl der Personen sollte darauf geachtet werden, viele verschiedene Persönlichkeiten und Ebenen abzudecken. Folgende Fragen können dann wertvolle Hinweise zur Fremdwahrnehmung geben:

  • Welche Ecken und Kanten siehst du bei mir?
  • Welche Stärken kannst du bei mir entdecken?
  • Wie wirkt mein Auftreten auf dich?

Die Ergebnisse des Feedbacks sollten anschließend mit dem eigenen Selbstbild abgeglichen werden. Sehe ich selbst dieselben Ecken und Kanten oder Stärken? Wie gehe ich damit um, dass Außenstehende mein Auftreten anders wahrnehmen als ich selbst?

Coaching

Ein Coaching bietet Führungskräften und Mitarbeitern die Möglichkeit, innerhalb eines geschützten Rahmens die eigene Person zu reflektieren bzw. den Prozess der Selbstreflexion überhaupt anzuregen. Hierbei unterstützt ein Coach insbesondere dabei, neue Perspektiven einzunehmen, die Wahrnehmung zu verfeinern und Klarheit über die eigenen Ziele und Motive zu erhalten. Neue Einsichten und Lösungswege können so gezielt erarbeitet werden und die Persönlichkeit stärken. Im Rahmen des Business Coachings von commma umfasst der Prozess meist 6 bis 9 Monate, um einen kontinuierlichen und nachhaltigen Prozess der Selbstreflexion in Gange zu bringen.

Kontaktieren Sie uns gerne für ein persönliches und unverbindliches Gespräch – wir unterstützen Sie dabei, Selbstreflexion in Ihren Alltag zu integrieren und sich als Führungskraft mit dieser wertvollen Kompetenz weiterzuentwickeln.

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Die Autorin

Franziska Just commma

Franziska Just

Franziska Just unterstützt das commma Team seit April 2021 und geht so neben dem Masterstudium im Fach Corporate Communication Management ihrem Interesse an der Personalentwicklung nach. Empathie, Beigeisterungsfähigkeit und Neugierde zeichnen sie im Umgang mit ihren Mitmenschen aus und bilden gemeinsam mit ihren bisherigen Erfahrungen im Online Marketing die Grundlage ihrer Texte.