Frau vor einem laptop gelangweilt

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Schleichende Entfremdung – die gefährliche Seite des Online-Arbeitens.

Das Teammeeting findet inzwischen jede Woche per Video-Call statt. Doch bei einem Mitarbeiter rauscht das Mikro, nur knapp die Hälfte hat die Kamera an und die Anregungen der Führungskraft zum Projekt werden mit Schweigen quittiert. Die Stimmung in Online-Meetings ist kaum greifbar und das beunruhigt viele Führungskräfte.

Um die Vorteile des dezentralen Arbeitens nutzen zu können, müssen zuerst die sogenannten weichen Hürden der Online-Arbeit überwunden werden. Hürden, die entstehen, weil man zu Hause leichter Opfer der vielen Ablenkungen werden oder sich sehr einsam fühlen kann, wenn das gewohnte Firmenumfeld fehlt. Die Situationen, in denen man Nähe und Vertrautheit im Team erlebt, werden durch die Onlinekommunikation äußerst selten. Schleichend verlieren Mitarbeiter so die innere Bindung zu ihrem Team und zum Unternehmen, mit anderen Worten: sie entfremden sich.

Unternehmen müssen sich rasch dem digitalen Wandel anpassen, um nicht unterzugehen, sondern die Welle erfolgreich reiten zu können. Wie gut das gelingt, hängt wesentlich von der Führung ab.

Wir haben in der Arbeit mit unseren Kunden viele gelungene Beispiele erlebt und einige Aspekte zusammengetragen, die vor allem Führungskräfte beachten können, damit Führung aus der Distanz noch besser gelingt.

Dynamische Kommunikation

Remote zu arbeiten bedeutet, dass kaum noch informelle Gespräche stattfinden und man nimmt Atmosphärisches insgesamt weniger wahr. Wir stellen fest: Kommunikation verkümmert.

Deswegen ist es wichtig, ausdrücklich dafür zu sorgen, dass die Kommunikation im Team dynamisch bleibt. Die 3-R der dezentralen Kommunikation sind eine gute Daumenregel, um den Austausch im Team lebendig zu halten.

  1. Regelmäßige Kommunikation

    Eine Kommunikationsroutine in kurzen Abständen liefert Struktur und sorgt für einen sauberen Informationsfluss im Team. Ein ständiger Agendapunkt im Meeting sollte das „Einchecken“ sein. Jede*r informiert zu Beginn sehr kurz darüber, in welcher Befindlichkeit er*sie im Meeting teilnimmt. Nutzen Sie die Drei-Wort-Regel (jeder darf drei Worte zu sich sagen) oder ein Bild, wie z.B. die „innere Wetterlage“ oder ein technisches Bauteil, das die eigene, aktuelle Gemütslage symbolisiert. Beschränken Sie die Runde zeitlich eng, aber lassen Sie sie niemals ausfallen. So kommt automatisch zur Routine mehr Menschlichkeit in die Kommunikation.

  2. 1:1 Calls etablieren

    Um dem Kontakt mehr Raum zu geben, als es in einem Team-Call möglich ist, können 1:1 Video-Calls mit jedem Mitarbeiter vereinbart werden, um ein direktes Update zu bekommen. Diese regelmäßigen „Updates“ vermitteln vor allem Interesse und Wertschätzung für die Mitarbeiter. Bewährt haben sich ein Rhythmus von 14 Tagen bis 3 Wochen und eine Dauer von 20 bis 30 Minuten, die Termine sollten als Regeltermin in beiden Kalendern stehen. Wir kennen Führungskräfte, die jeden Morgen die Zeit zwischen 7:30 und 7:50 Uhr für ein solches Update reserviert haben und so ein Team von bis zu 8 Mitarbeitern gut versorgt bekommen. Bei größeren Teams muss der Abstand etwas größer gewählt werden. Wichtig erscheint uns vor allem die verlässliche Einhaltung und die Verkraftbarkeit auf der Seite der Führungskraft. Mehr als ein Update-Gespräch pro Tag sollte sich die Führungskraft nicht zumuten, ein Tag pro Woche muss als Puffer bleiben.

  3. Reiche Kommunikationswege

    Wenn wir nur durch Geräte mit anderen interagieren, geht vieles verloren. Ohne Gestik, Tonnuancen oder die Ganzkörperhaltung ist das Gehörte emotional schwer einzuordnen. Den emotionalen Kontext aber benötigen wir, weil wir darüber Beziehungen aufbauen, bewerten und letztendlich stärken. Dazu kommt, dass wir durch eine reichere Kommunikation, unsere Botschaft effektiver vermitteln können. Die Hitliste der Kommunikationswege mit der reichhaltigsten Info-Übertragung wird durch den face-to-face-Kontakt angeführt, gefolgt von Videocalls mit Headset, Videocalls ohne Headset, Telefonaten und am Ende rangiert die eMail. Besonders, wenn es um nicht alltägliche Themen geht, sollten Sie immer den Kommunikationsweg der maximal möglichen Reichhaltigkeit nutzen.

  4. Reelle Kommunikation

    Authentizität in der Führung ist kein neues Thema. Besonders in schwierigen und unsicheren Phasen wird eine reelle Kommunikation wichtig. Setzen Sie auf maximale Transparenz. Sprechen Sie auch über Ihre aktuellen Herausforderungen, mögliche Maßnahmen und eigene Emotionen und nehmen Sie sich viel Zeit, anderen zuzuhören.

  5. Informelle Teamaktivitäten 

    Eine weitere Möglichkeit, der Entfremdung entgegen zu wirken, sind Teamaktivitäten außerhalb des Businessalltag. Dies haben fast alle Teams, die wir kennen, schon immer genutzt, um ihre Gemeinschaft zu pflegen. Und meist waren sie dabei auch richtig kreativ. Gemeinsames Grillen, Teamfeste, Spielabende oder Ausflüge, die Weihnachtsfeier und Geburtstagseinladungen sind nur ein paar Beispiele dafür. Mit dem Übergang der Aktivitäten ins Netz schien es eine Zeit lang so, dass dies den Tod der informellen Teamaktivitäten bedeute. Aber mittlerweile gibt es unzählige Möglichkeiten, auch online im Team zu interagieren und viel Spaß dabei zu haben. Digitale Escape Rooms, interaktive Online-Spiele, Remote-Teamfeste – die von kreativen Beiträgen einzelner leben – oder auch nur ein digitales Feierabendbier, sind Beispiele für gelungene Onlineevents.

Bevor es wieder zur Selbstverständlichkeit wird, dass diese Events aus dem Team heraus gestaltet werden, muss die Führungskraft sie anregen. Wir alle lernen täglich neue Optionen im Netz kennen und entsprechende Tools und Websites sprießen wie Pilze aus dem Boden. Es wird sich noch herausstellen, was wirklich gut funktioniert, aber es ist auf keinen Fall so, dass wir online auf Feiern, Spaß und ein informelles Zusammensein verzichten müssen.

Wenn Sie als Führungskraft Begegnung im Team initiieren, regelmäßig kommunizieren, sich in Videocalls zeigen und sich persönlich öffnen, ermöglichen sie anderen das gleiche und stärken damit die Basis für echte Begegnung und Vertrauen mit Ihren Mitarbeitern.

Entfremdung von Mitarbeiter im Home-Office entgegenwirken

Um der schleichenden Entfremdung aus dem Homeoffice entgegenzuwirken, ist ein verändertes Engagement der Führungskräfte erforderlich. Auf dem Weg zu einer stärker agilen und vernetzt arbeitenden Organisation, braucht es zunächst größere Klarheit und stärkere Regeln, damit die Organisation nicht in der Überlastung landet. Mehr Engagement im Management braucht starke Führungskräfte, die vorangehen können und ihr Ziel kennen. Dazu benötigen Führungskräfte veränderte Kompetenzen und auch ein gewisses Umdenken. Aber wenn Sie diese Entwicklung bewusst angehen, wird Ihnen eine exzellente Führung des dezentralen Settings gelingen und Ihr Team wird erneut vertrauensvoll zusammenwachsen.

Sie suchen Unterstützung? Wir begleiten Sie in der Entwicklung dieser Kompetenzen durch Coaching und Ihr Team durch Trainings und Workshops. Und dies selbstverständlich alles auch aus einer guten Distanz.

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Die Autorin

Ursula Franke Psychologin Moderatorin Coach

Ursula Franke

ist Diplom-Psychologin, Geschäftsführerin und Mediatorin und unterstützt seit über 25 Jahren Kunden bei den Herausforderungen in der Personalentwicklung. Sie ergündet sorgfältig den Kern eines Menschen und weiß, was Begegnung, Vertrauen und Tiefe nachhaltig bewirken können. Ihre Erfahrungen gehen von kleinen Unternehmen bis zu höchsten Führungsebenen in Konzernen.