Frau meditiert vor Sonnenuntergang

Bild: unsplash.com | Dingzeyu Li

Mein innerer Rückfall-Drang

Ich gestehe: Ich hatte einen Krisenhoneymoon.

Wie alle anderen auch, musste ich Mitte März 2020 meinen Weg suchen, mit dem Corona-Einbruch umzugehen. Das gelang nur in mehreren Stufen, doch ziemlich bald gefiel es mir sogar. Meine Welt, die zuvor von Termindruck und vom nicht-Hinterherkommen-bei-all-den-Aufgaben gekennzeichnet war, fuhr ziemlich hart gegen einen Prellbock und musste mit einem Mal entschleunigt weiter gehen.

März war noch Stress, aber April und Mai waren positiv anders und auch wir verhielten uns anders. Ich habe viel Zeit zu Hause im Homeoffice mit der Familie und online mit meinen Mitarbeitern zugebracht. Unser Staat unterstützte uns, wie ich finde großzügig und wir haben in den letzten Jahren ein kleines Rücklagenpolster angespart gehabt. Alles ließ sich plötzlich ziemlich gut vereinbaren und dazu konnte ich länger schlafen, mich mehr bewegen und viele tolle Inspirationen im digitalen Netzwerk aufschnappen. In dieser entschleunigten Phase konnte ich wieder mehr auf mich achten und tat viel häufiger, was mir gutgetan hat. Eigentlich eine ziemlich coole Zeit. Ich habe das Homeoffice lieben gelernt, das mal hier und mal da sein kann und das mich frei und flexibel macht. Ich war überzeugt, dass ich es so weiterführen würde, weil es mir ja guttut. Auch mein Team hat mitgezogen und wir glaubten alle miteinander, wir hätten uns und unsere Arbeit verändert.

Haben wir auch. In diesen Wochen eben.

Langsam wird mein Terminkalender wieder voll und ich merke, wie gut die Entschleunigung mir getan hat und sie mir jetzt zu entgleiten beginnt. Ich frage mich, ob die vergangenen 3 Monaten überhaupt eine bleibende Entwicklung bewirkt haben? Oder war es nur der Ausnahmezustand, der mich zu diesen Änderungen zwang? Und jetzt, wo der Ausnahmezustand zurückgeht, bin ich meinem inneren Rückfall-Drang ausgeliefert?

Ich habe die Frage herumgedreht: „Wie kann ich das Positive bewahren?“ Unser Team arbeitet momentan sehr gut über digitale Kanäle und das gibt aktuell allen etwas mehr Zeit zum Nachdenken. Ich habe folgende Schritte eingeleitet, die uns helfen, aus den Erfahrungen so zu lernen, dass sie nicht mehr alleine von der äußeren Situation abhängig sind:

  1. Schritt: Sammlung: Welches sind denn die Aspekte, die das Positive in den letzten Wochen ausgemacht haben? => wir sammeln gemeinsam im onlinemeeting unsere Themen.
  2. Schritt: Tieferschauen: Was genau habe ich (jeder einzelne) daran schätzen gelernt? Was wollen wir als Team beibehalten und was will ich persönlich beibehalten? => wir erarbeiten eine persönliche und eine teambezogene Bewertung unserer gesammelten Punkte. Das funktioniert online über ein gemeinsames Whiteboard oder über eine geteilte Exceldatei gleichermaßen gut.
  3. Schritt: Abwägen: Welches Risiko steht zur Entscheidung an, wenn ich es zukünftig anders mache? Und wer könnte mir als Gesprächspartner für die Entscheidung zur Verfügung stehen? => ich bin als Entscheiderin gefragt, wenn es um unser Unternehmen geht. Ich nutze meinen Finanzberater und einen Kollegen, der ein vergleichbares Unternehmen leitet und beginne mit beiden den Dialog. Vor allem der Austausch mit dem Kollegen bereichert ungemein.
  4. Schritt: Individualisieren: jede*r Mitarbeiter*in ist gefragt, dies für seine/ihre persönlichen Arbeits-Punkte ebenfalls zu tun.
  5. Schritt: Rückmeldeschleifen: Den Stand und den Fortschritt besprechen wir regelmäßig in unseren Onlinemeetings und probieren sofort aus, was uns wichtig ist. Das macht sogar riesigen Spaß!

Ehrlicherweise sind wir noch mitten drin im Prozess. Unser Wunsch, das zu erhalten, was wir Positives kennengelernt haben, ist groß, aber es gibt noch keine endgültige Lösung auf die Frage, wie uns das langfristig gelingen wird.

Haben Sie Erfahrungen damit gemacht, die Sie teilen mögen?

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Wir sind für Sie da

Die Autorin

Ursula Franke Psychologin Moderatorin Coach

Ursula Franke

ist Diplom-Psychologin, Geschäftsführerin und Mediatorin und unterstützt seit über 25 Jahren Kunden bei den Herausforderungen in der Personalentwicklung. Sie ergündet sorgfältig den Kern eines Menschen und weiß, was Begegnung, Vertrauen und Tiefe nachhaltig bewirken können. Ihre Erfahrungen gehen von kleinen Unternehmen bis zu höchsten Führungsebenen in Konzernen.